Ursprünglich erschienen in: 30 Grad Magazin, Ausgabe 2021/1
Text: Bettina Homann
Foto: Ricardo Wiesinger
Das Handwerk des Riechens
Karl Heinz Bork ist einer der wenigen Parfumeure Deutschlands. Viele Jahre leitete er ein Kreativstudio in Paris, in dem er mit seinem Team für große Labels wie Joop, Boss und Paloma Picasso arbeitete. Inzwischen im Ruhestand verwirklicht er nur noch Herzensprojekte – wie die Kreation des Duftes für die neue Bartpflegeserie von Mühle.

Herr Bork, Parfumeur ist ein sehr ungewöhnlicher Beruf, wie sind Sie darauf gekommen?
Ende der 1960er-Jahre habe ich eine Lehre zum Drogisten gemacht, ein Beruf, den es heute, im Zeitalter der Drogerieketten, gar nicht mehr gibt. Mein Lehrer hat mich nach Holzminden geschickt. Als ich das Gebäude des Duftstoffunternehmes Haarmann und Reimer betrat, eine Art Chemielabor, in dem es ausgesprochen gut roch, habe ich innerhalb von Sekunden beschlossen: Das ist es! Ich will Parfumeur werden! Und zwar hier.
Von der Stadt Grasse in Südfrankreich haben die meisten schon gehört, von Holzminden eher nicht.
Dabei hat die Stadt eine große Duft-Tradition. In der Firma Haarmann und Reimer, die heute zur Symrise GmbH gehört, werden seit dem 19. Jahrhundert Riech- und Geschmacksstoffe hergestellt. Der Chemiker und Firmeninhaber Wilhelm Haarmann hat 1874 das Vanillin entwickelt, den ersten naturidentischen Riech- und Geschmacksstoff der Welt.
Bei Symrise werden noch heute Grundstoffe für Parfums hergestellt?
Nicht nur die Grundstoffe. Eigentlich alle großen Parfums der Welt, auch die der großen mit Duft assoziierten Modehäuser wie Dior, Gucci oder Hermès werden in Unternehmen wie Haarmann und Reimer entwickelt. Einzige Ausnahme ist bis heute Chanel, die ihre eigenen Parfumeure haben.
Regelmäßig kreiert Karl-Heinz Bork individuelle Düfte für private Kunden und Freunde, die dann sorgfältig abgefüllt und verpackt werden

Sie sind also bei Haarmann und Reimer in die Lehre gegangen
Ich war 33 Jahre bei dem Unternehmen. Die Ausbildung hat über vier Jahre gedauert und ich musste mich verpflichten, weitere drei Jahre zu bleiben. Schließlich kannte ich dann ja viele Geheimnisse.
Duftrezepturen?
Genau. Die Entwicklung von Düften ist sehr aufwändig und die Rezepturen können nicht patentiert werden. Deswegen ist man hier sehr vorsichtig.
Wie genau lernt man das Handwerk des Parfumeurs?
Das wichtigste ist, die Technik des Riechens von Grund auf zu lernen.
Was bedeutet das?
Das bedeutet, Gerüche erkennen zu lernen und für sich selbst eine Technik zu entwickeln, sie sich zu merken. Außerdem muss man Inhaltsstoffe und Eigenschaften der Duftstoffe lernen.
Wie viele Gerüche muss man kennen?
Zwei- bis dreitausend.
Kaum vorstellbar, sich das zu merken!
Daher dauert die Ausbildung so lange.

Gelegentlich betrachtet der Parfumeur das Bild von sich selbst mit Lilienstrauß – Karl-Heinz Bork erinnert sich gerne an seine Pariser Zeit.
Was war das erste Parfum, das Sie entwickelt haben?
Ging der Duft in Serie?
Sie haben dann irgendwann Holzminden verlassen. War Ihnen die Stadt irgendwann nicht mehr genug?
Im Epizentrum der Mode.
Feine Adresse!
Der Prozess der Duftkreation bedeutet Experimentieren. Essenzen werden extrahiert, vermischt und zur Weiterverarbeitung in Glasfläschchen gefüllt.

Haben Sie einen Duft für Hermès entwickelt?
Wie haben Sie das angestellt?
Wie lief das ab?
Wie sah die aus?
Was war schief gegangen?
Das heißt, dass anders als in der Mode in Sachen Duft Menschen lieber auf Vertrautes zurückgreifen?
Schließlich haben Sie gelernt, wie es geht.
Gibt es einen Duft, auf den Sie besonders stolz sind?
